Warum schreibst Du nicht über den e-Golf?

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„Sag mal Klaus, warum hast Du in Deinem Buch nicht über den e-Golf geschrieben, wenn Du ihn so gut findest?“

Diese Frage kommt immer wieder auf bei Gesprächen über Innovationen im Mobility Bereich. Denn es stimmt, ich habe den BMW i3 (und den BMW i8) in meinem Buch „Echte Innovation schafft sich ihren Markt selbst“ als Beispiel erwähnt, den neuen e-Golf aber nicht. Es gibt sehr gute Gründe. Im Sinne der Klarheit ist Reduktion wichtig. Und dann muss man sich eben entscheiden, welche der – wenigen – Beispiele man eben nehmen will. Und diese Entscheidung hat BMW leicht gemacht. Es gibt eben mit dem i3 nicht nur ein „langweiliges“ Volumenmodell, vergleichbar mit dem e-Golf, sondern auch gleichzeitig den aufregenden i8. Beide kamen in den Jahren vor dem offiziellen Launch sehr häufig gemeinsam in der Kommunikation vor. So hat nicht nur die Entwicklung von der Technologie  Einheit profitiert, sondern auch die kommunikativen Bereiche Branding und PR im Vorfeld des Produktlaunches. Zudem scheiden beide die Geister, i3 und i8, sie rufen Emotionen hervor. Nicht immer nur positive. Doch die Zielgruppe wurde langfristig aufgebaut und steht hinter den neuen Fahrzeugen. Das geht sogar soweit, dass es eine Gruppe der „i8-Spotter“ gibt, die ihre Entdeckungen sofort in den sozialen Medien verbreiten.

Was mir aber noch viel wichtiger war bei der Auswahl der Beispiele: i3 und i8 sind radikal neu. Sie werden als Technologieträger genutzt und tragen neue Strukturen, Prozesse, Technologien und Designgrundsätze in die Organisation BMW, in die Köpfe der Mitarbeiter, der Händler, der Kunden. Und von Journalisten. Plötzlich ist ein neues Auto auch ein Thema für bisher fachfremde Medien. Dies ist sicher auch der Konsequenz geschuldet, mit der BMW das Projekt durchzog: „Born electric“ wirkt als Slogan für eine neue Zeit. Der benzingetriebene Rangeextender, der als Extra-Ausstattung die Reichweite beliebig erhöht, ist ein Kaufgrund für die Langstreckenfahrer, wird aber so gut wie garnicht erwähnt, weil er die Botschaft des konsequenten Elektroautos verwässert.

Und hier kommt der e-Golf ins Spiel: ein fantastisches Auto mit hoher Qualität. Und wer den Golf schon kennt, braucht sich kein bisschen umorientieren.  Weder in der Ästhetik, noch in der Bedienung. Der e-Golf wird auf derselben Fertigungsstrasse wie die anderen Golf gebaut und musste damit natürlich den Anforderungen der Produktionsmenge der Benziner und Diesel (noch) folgen (bis in einigen Jahren die Zahlen anders herum sein werden). Um dem e-Golf den Sex-Appeal des i3 zu geben (dem ihm seine Anhänger zuschreiben), braucht es schon Captain Kirk und Mr. Spock von der Enterprise und die Selbstironie von William Shatner. Und ja, der VW XL1 taucht auch kurz auf: mein aktuelles Lieblingsauto, technisch anspruchsvoll, niedriger Verbrauch. Aber Emotionen weckt er eher bei Nerds. Und diese Emotionen sind nun mal sehr wichtig bei einem Produkt. Bei der VW-Kampagne merkt man, dass es gerade auch den Machern Spaß gemacht hat und sie sich einen Jugendtraum erfüllen. Doch eine Kampagne bringt noch keine neue Innovationskultur ins Unternehmen.

Über

Dr. Klaus Reichert

Hallo, Klaus Reichert hier. Ich bin unabhängiger Berater und kreativer Business Coach mit Herzblut für Innovation und begleite Unternehmen auf dem Weg von der Vision zu enkeltauglichen Leistungen. Mein Standort ist Baden-Württemberg.

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