In dieser Episode des Smart Innovation Podcast Celina Herbers und Larissa Graf von IWT Wirtschaft und Technik GmbH meine Gesprächspartnerinnen. Es geht um ALFRIED – Automatisiertes und vernetztes Fahren in der Logistik am Testfeld Friedrichshafen am Bodensee.
Über
ALFRIED ist das aktuelle Projekt am Testfeld Friedrichshafen, das mit rund 11 Millionen Euro durch das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) gefördert wird. ALFRIED steht für „Automatisiertes und vernetztes Fahren (AVF) in der Logistik am Testfeld Friedrichshafen“. Das Konsortium, bestehend aus 11 Projektpartnern aus Industrie und Forschung, hat sich zum Ziel gesetzt den zunehmenden innerstädtischen Warenverkehr mit Hilfe des AVF und der Entwicklung intelligenter Verkehrsinfrastruktur zu optimieren.
Im Rahmen von ALFRIED werden Infrastrukturkomponenten entwickelt, Systeme und Konzepte für AVF weiterentwickelt, erforscht und erprobt, um einen verbesserten Verkehrsfluss zu garantieren, der gleichzeitig die Sicherheit der Verkehrsteilnehmenden erhöht und die Aufenthaltsqualität in Innenstädten verbessert. Diese Komponenten, ergänzt durch die Integration intelligenter Daten ergeben ein umfassendes Mobilitätssystem, welches die Einsparung von Fahrten, sowie die Verringerung von Emissionen und des innerstädtischen Verkehrsaufkommens beiträgt.
Über Celina Herbers
Celina Herbers leitet das Projekt ALFRIED an der IWT Wirtschaft und Technik GmbH und koordiniert das Gesamtverbundvorhaben mit 11 Projektpartnern. Bereits seit der Antragsphase ist sie an der Schnittstelle zwischen Unternehmen, Forschungseinrichtungen und dem Fördergeber. Die Weiterentwicklung einer sichereren und zukunftsfähigen, digital vernetzten, Verkehrsinfrastruktur und Technologie- und Wissenstransfer zählen für sie dabei zu den herausforderndsten – aber auch spannendsten – Aufgaben.
Über Larissa Graf
Larissa Graf ist als Projektmitarbeiterin Gesellschaftlicher Dialog bei der IWT Wirtschaft und Technik GmbH im Projekt ALFRIED tätig. In dieser Position ist es ihr ein Anliegen das gesellschaftliche Bewusstsein für Mobilitäts-, Logistik- und Smart City-Themen zu fördern und so die gesellschaftliche Akzeptanz von AVF zu stärken.
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in dieser Episode erwähnt
- Testfeld Friedrichshafen
- Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI)
- RITZ Friedrichshafen
- ETO Gruppe Stockach
- Voltra Gruppe
- DHBW Baden-Württemberg
- DHBW Ravensburg
- Zeppelin Universität
- Zukunftsquartier Fallenbrunnen Friedrichshafen
- Bundesanstalt für Straßenwesen bast
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Celina Herbers zeigt Möglichkeiten des Mitmachen ab Min. 46 auf.
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Transkript
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Klaus Reichert: Meine Gesprächspartnerinnen heute sind Celina Herbers und Larissa Graf vom IWT Bodensee, einem Unternehmen im Steinbeis-Verbund. Es geht um ALFRIED. ALFRIED steht für automatisiertes und vernetztes Fahren in der Logistik am Testfeld Friedrichshafen, einem Projekt, das mit rund 11 Millionen Euro durch das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur gefördert wird. Das ALFRIED Konsortium besteht aus 11 Projektpartnern aus Industrie und Forschung und hat sich zum Ziel gesetzt, den zunehmenden innerstädtischen Warenverkehr mit Hilfe des automatisierten und vernetzten Fahrens und der Entwicklung intelligenter Verkehrsinfrastruktur zu optimieren. Celina Herbers leitet das Projekt an der IWT Wirtschaft und Technik und koordiniert das Gesamtverbund-Vorhaben mit den 11 Projektpartnern. Larissa Graf ist als Projektmitarbeiterin Gesellschaftlicher Dialog bei der IWT im Projekt ALFRIED tätig.
Herzlich willkommen ihr beiden!
Celina Herbers: Vielen Dank für die Einladung!
Larissa Graf: Hallo!
Klaus Reichert: Hallo! Wir sind heute zu dritt, das ist mal ganz was anderes. Das wird dann ein bisschen schwieriger. Aber schön, dass ihr euch die Zeit heute genommen habt und etwas zu ALFRIED erzählt, zu euren Rollen auch, zu euren Herausforderungen, auf die wir heute eingehen wollten. Sagt mal, was ist denn ALFRIED genau bitte schön?
Larissa Graf: ALFRIED ist ein Forschungs- und Entwicklungsprojekt. Du hast es eingangs schön erwähnt. Das bekommt eine Förderung vom Bundesverkehrsministerium, vom Ministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur, und adressiert entsprechend technische Veränderungen, technische Entwicklungen, aber auch soziale Rahmenbedingungen, die damit einhergehen, die sich damit auch mitentwickeln müssen. Wir verwenden ganz gerne das Akronym ALFRIED, weil es doch ein bisschen schwerer über die Zunge geht, vom automatisierten und vernetzten Fahren in der Logistik am Testfeld Friedrichshafen zu sprechen. Von daher sind wir ganz froh über dieses Akronym. Es ist auch Name, das macht ein bisschen eine Personifizierung auch damit. Und damit soll eigentlich auch so mit einhergehen, es ist eine Veränderung, eine technische Entwicklung, die wir aber nicht als etwas Befremdliche sehen wollen. Also wir wollen damit tatsächlich auch eine Technologie mitbegleiten, mitgestalten im Bereich des Verkehrs, der Verkehrssicherheit, und aber auch im Bereich des Warenverkehrs und Transportes. Und das eben nicht entfremdet irgendwo sein soll.
Klaus Reichert: Ich kann das sehr, sehr gut verstehen, wir werden auch gleich mal noch drauf eingehen, Celina. Zuerst würde mich interessieren, welche Rollen habt ihr denn in diesem Projekt? Es ist ein großes Projekt, es sind viele Verbundpartner mit dabei. Da gibt’s einiges zu tun. Was macht ihr in diesem Projekt?
Celina Herbers: Seitens IWT, als Institut für Wissen zum Technologietransfer, beschäftigen wir uns in erster Linie eben genau mit diesen Aufgaben. Das heißt, bevor wir dieses Projekt gestartet haben, haben wir hier am IWT auch in Arbeitsgruppen zusammengearbeitet, wo wir mit verschiedenen Vertretern von Hochschulen und der Industrie uns Gedanken gemacht haben über das Thema automatisiertes, vernetztes Fahren. Wir hatten einen Arbeitskreis rund um das Thema Testfeld Friedrichshafen, und so kam es auch in diesen Diskussionen, dass bestimmte Interessen, Bedarfe und auch Entwicklungsinteressen bestehen, an denen verschiedene Partner arbeiten wollten. Und aus dem heraus haben wir dann, nachdem ein Aufruf, ein Förderaufruf vom Bundesministerium kam, diesen Antrag geschrieben. Und nachdem der bewilligt wurde nach einem längeren Prozess, haben wir am IWT zwei zentrale Aufgaben. Das eine ist wirklich der gesamte Bereich der Koordination, das heißt alles Organisatorische, Administrative, die Unterstützung der Projektpartner, auch dahingehend, das liegt bei uns. Und wir wollen es uns als IWT aber nicht nehmen lassen, auch Forschung und Entwicklung mit voranzubringen. Deswegen haben wir auch diesen Aspekt bei uns. Das heißt, bei uns läuft die administrative Koordination, die technische Koordination und ein Teil der Forschungs- und Entwicklungsarbeit.
Klaus Reichert: Und du, Celina, deine Aufgabe, welche ist die im Projekt?
Celina Herbers: Ich habe die freudvolle Aufgabe, dieses Gesamtkonsortium zu leiten. Als bin erste Ansprechpartnerin für alle Projektpartner und auch als Schnittstelle hin zum Projektträger. Und habe vor Ort ein Team am IWT und übernehme da die Projektleitung, und versuche ich auch noch, einen Teil der Forschungs- und Entwicklungsarbeit selber auch mit voranzubringen.
Klaus Reichert: Also das ist ein breiter Aufgabenbereich. Das ist herausfordernd, denke ich auch, das wird euch auch tatsächlich ganz schön in Atem halten. Da sollten wir auch sicher gleich noch darauf zu sprechen kommen. Aber Larissa, was ist denn dein Teil im Projekt?
Larissa Graf: Ich unterstütze die Celina in der Gesamtkoordination, also in Kontakt mit den Partnern, und dann habe ich aber auch noch einen ganz schönen inhaltlichen Teil. Und zwar bin ich für das Thema gesellschaftliche Dialog beziehungsweise gesellschaftliche Teilhabe im Projekt zuständig, weil wie Celina auch schon angemerkt hat, es ist ganz wichtig eben, in diesen Veränderungsprozessen oder was wir jetzt auch machen, dann einfach die Leute mitzunehmen und zu schauen, was sind da auch Bedarfe. Und dass es eben nicht was ist, wovor man Angst haben muss, sondern dass es was ganz Tolles ist, was einen auch unterstützt.
Klaus Reichert: Ich musste gerade auch daran denken, wie das Auto, das wir heute kennen, vor 130 Jahren ungefähr in die Welt gekommen ist, hat das bei vielen Menschen damals auch Widersprüche hervorgerufen. Und in England gab‘s zum Beispiel eine Regel, dass vor dem Auto ein Mann mit einer Fahne vorweggehen musste, um zu warnen, dass ein Auto im Anmarsch ist. Wir sind jetzt natürlich nicht in derselben Situation mit einem Autonomen Fahren oder Fahrzeugen, aber das hört sich für mich schon manchmal so an, als ob wir das vielleicht noch bräuchten.
Celina Herbers: Ja, das ist natürlich ein Thema, das immer wieder adressiert wird, wie gehen wir mit diesen technologischen Entwicklungen und Veränderungen um. Ich sehe das immer so ein bisschen, das Pferd wurde ja dann durch ein Fahrzeug abgelöst. Das wurde nicht durch fünf Pferde abgelöst. Also wir haben wirklich einen radikalen Wandel in der Mobilität vor uns gehabt. Und ich denke, in diesem umfassenden System wollen wir, auch wenn wir unser Projekt in einem kleinräumigen Bereich rund um das Testfeld Friedrichshafen haben, wir wollen es trotzdem groß denken. Also wir dürfen nicht daran denken, die Fahrzeuge, die wir jetzt auf der Straße haben, eins zu eins durch Fahrzeuge zu ersetzen, die dann vielleicht autonom oder mit einem höheren Automatisierungsgrad unterwegs sind. Das würde an unserer Verkehrssituation dann nichts verbessern. Also wir müssen da in ganzen Konzepten auch denken, in Mobilitätskonzepten, und viel besser diese Schnittstellen nutzen, durchgängigere Verkehrssysteme auch schaffen. Das Ziel ist ja, dass wir Waren und Personen weiterhin gut, sinnvoll, sicher und effizient befördern, aber nicht unbedingt dadurch, dass wir mehr Verkehr erzeugen. Und das ist einfach ein zentrales Anliegen und das ist auch eines unserer Ziele, das wir jetzt runtergebrochen haben auf den Warenverkehr, auf den innerstädtischen, als einen Anwendungsfall, an dem wir das konkret datenbasiert testen, optimieren und prüfen können. Es soll aber dann natürlich übertragbar sein auf andere Bereiche.
Klaus Reichert: Ihr schafft da ein, sage ich mal, Outdoor-Labor. Ihr könnt tatsächlich in echten Anwendungen testen und Erkenntnisse sammeln, die man in der reinen Simulation zum Beispiel nie bekommen könnte.
Celina Herbers: Wir haben zwei Aspekte, die das Projekt adressieren. Also das eine, da geht’s darum, den innerstädtischen Warenverkehr zu minimieren, indem wir beispielsweise erfahren, dass weniger Waren durch die Stadt transportiert werden müssen oder dass die Anzahl der Fahrten reduziert werden können, weil die Lkws besser beladen werden. Also das sind verschiedene Aspekte. Ich (unv. #00:11:14.0# stoppe?) es an der Stelle, wir gehen dann zum Outdoor Demonstrator. Da haben wir den Aspekt, dass wir zum einen wirklich in einer Demonstrationsumgebung gerade einen Outdoor Demonstrator entwickeln. Das ist eine Sensorbrücke. Wir haben eine Reihe von Partnern im Rahmen, die am Projekt beteiligt sind, die auch in der Infrastrukturentwicklung, also in der digitalen Verkehrsinfrastrukturentwicklung tätig sind, und da Sensoren entwickeln, die das Fahren, das automatisierte Fahren sicherer machen sollen in Zukunft. Und diese Sensoren werden in einer Outdoor Umgebung getestet. Der andere Aspekt ist, ein großes Teilprojekt ist die Entwicklung von intelligenten Leitpfosten, die eben auch dazu beitragen sollen, also Teil der intelligenten Verkehrsinfrastruktur sind, die den Fahrzeugen, die in einem höheren Automatisierungsgrad später einmal unterwegs sind, mehr Sicherheit geben. Wenn wir uns das jetzt vorstellen, momentan liegt sehr viel Sensorik in den Fahrzeugen, wir wissen jetzt aber inzwischen auf den Stand der Entwicklungen, dass die Fahrzeug-Sensorik alleine nicht dem höheren Automatisierungsgrad beitragen kann, weil die Sensoren im Nahbereich einen blinden Fleck haben. Das heißt, in dem Moment, wo sich ein Fahrzeug mit einem höheren Level an Automatisierung beispielsweise einer Baustelle nähert, wo die Straße eben verengt, dann wird das Fahrzeug immer an den Fahrer die Kontrolle zurückgeben, sagen: Achtung! Ich sehe hier nichts mehr. Jetzt hilf mir mal! Und dieser Moment, der ist sehr gefährlich. Also da gibt’s genügend Untersuchungen, dass eigentlich nicht das automatisierte Fahren gefährlich ist, sondern vielmehr die Sekunde, wo die Technik nicht mehr sich sicher ist und sagt: Liebe Fahrerinnen, lieber Fahrer, übernimm bitte die Kontrolle. Und diesen Moment müssen wir aushebeln und dazu sollen intelligenten Leitpfosten einen Beitrag leisten, dass eben das Fahrzeug dann sicher durch solche engen Baustellenbereiche navigiert werden kann.
Klaus Reichert: Es kennt jeder diese Situation, selbst wenn man ganz normal fährt, ist erstmal so eine kleine Schrecksekunde vielleicht da, das ist der falsche Begriff. Ich kenne es jetzt von unserem Auto, wo es so ein bisschen automatisch fährt, da gibt’s auch so Übergänge und Warnungen und so weiter. Die bringen einen als Fahrer im ersten Moment vielleicht durcheinander, aber ich verstehe, was du meinst. Grad der Übergang von der einen Technik zum Menschen ist da dann sehr, sehr wichtig.
Celina Herbers: Bei einem höheren Automatisierungsgrad, wenn der dann rechtlich und gesetzlich genehmigt wird, dann wird es dem Fahrer, der Fahrerin möglich, bis zu zehn Sekunden im nächsten Schritt die Hände weg vom Steuer zu nehmen. Und Hände weg vom Steuer heißt aber auch, eine gewisse Unaufmerksamkeit, eine erlaubte. Und wir können gern mal zehn Sekunden einspielen an Stille, das ist wirklich eine sehr, sehr lange Phase. Und wenn ich mir vorstelle, man ist gerade am Telefon oder anderweitig beschäftigt, das ist momentan auch schon ein großer Ablenkungsfaktor und gefährlich und nicht empfehlenswert. Aber wenn es mir gesetzlich erlaubt ist und ich schon zehn Sekunden wegschauen darf, dann wird die Schrecksekunde dann wahrscheinlich noch mal eine andere Rolle spielen.
Larissa Graf: Technisch bin ich tatsächlich nicht so in dem Thema drin, sondern für mich ist es tatsächlich eher so, der gesellschaftliche Dialog mein großes Thema. Ich glaube, heute müssen wir ansetzen, die Leute auch dann mitzunehmen, um dann eben nicht in fünf Jahren die große Schrecksekunde zu haben, wenn der Automatisierungsgrad einfach höher wird, sondern dass wir jetzt ansetzen und die Technik erklären und dass wir die Menschen mitnehmen auf dem Weg zu einem höheren Automatisierungsgrad. Dass wir eben dann auch keine Blockade haben vor den neuen Technologien, sondern wir möchten ja, dass die Verkehrsinfrastruktur die Leute auch unterstützt und somit die Verkehrssicherheit einfach auch erhöht. Also nicht nur für den Fahrer, sondern das, was auch drum rum passiert. Gerade die Radfahrer oder Fußgänger, die ja am gefährdetsten einfach im Straßenverkehr sind, dass die auch mit erkannt werden. Und dann eben auch von den Leitpfosten oder so gesagt wird: Hey, pass auf! Da kommt jetzt ein Fußgänger.
Klaus Reichert: Ja. Es ist auch nicht unbedingt nur ein technisches Problem. Es gibt sehr viele Technologien, wo es eben gilt, die ganzen Sachen dann wiederum zusammenzubringen. Das ist dann auch mit eure Aufgabe, wenn ich das so verstanden habe. Da müssten wir auch gleich nochmal zu sprechen kommen. Aber eben auch die Frage der Gewöhnung der Anwendung, wie du schon gesagt hast, des Nutzenkönnens, des Nutzenwollens in der Gesellschaft selber. Ich kann mich erinnern, ich hatte vor vielleicht zwei, drei Jahren mal ein Gespräch für einen Podcast, da wurde ich dann gefragt: Wann gibt’s denn autonomes Fahren? Da sage ich: Na, 2020 ist das auf jeden Fall auf der Straße. Aber natürlich ist es da, aber es ist nicht so da, dass es einfach für jeden ganz, ganz normal wäre. Und vor allem, weil es auch noch rechtliche Punkte gibt, die man da jeweils noch klären muss. Ihr habt ein großes Konsortium, in dem ihr arbeitet. Da gibt’s vielleicht auch noch tatsächlich die rechtlichen Fragen, die da groß geklärt werden müssen oder die dann auch gelöst werden müssen. Aber wer ist denn da so mit dabei, wenn ihr sowas, ich sag mal in Anführungszeichen, auch „sehr Großes“ vor euch habt? Da braucht man ja immer gute Partner.
Celina Herbers: Vielleicht, um bei dem Thema mit den intelligenten Leitpfosten zu bleiben. Das liegt in der Verantwortung eines Teilkonsortiums, das geleitet wird von der ETO Gruppe in Stockach. Hier wird die Sensorik entwickelt, weiterentwickelt, die eben dazu beiträgt, diese Verkehrssicherheit zu erhöhen, indem Daten gesammelt werden. Nicht personenbezogene Daten, sondern Daten über das Verkehrsgeschehnis, Fahrzeuggeschwindigkeit, um welche Art von Fahrzeug handelt es sich, fährt das Fahrzeug in die richtige Richtung im Sinne einer Geisterfahrer-Detektion. Wir sehen, es werden hier sehr, sehr viele Daten gesammelt. Und diese Daten müssen auch transferiert werden und diese Kommunikation wird von der IMST GmbH durchgeführt, die Experten sind in Kommunikationstechnologien. Und da haben wir eine schöne Herausforderung, diese Leitpfosten, insgesamt ist Verkehrsinfrastruktur energieintensiv. Wir möchten natürlich nicht, dass jeder Leitpfosten entlang so einer Straße dann vollständig am Stromnetz angeschlossen sein muss. Deswegen wird erforscht, wie man mit alternativen Energiegewinnungsvorgängen diese Leitpfosten dann mit Energie versorgen kann. Das spielt das Thema Fotovoltaik natürlich eine große Rolle, da spielen Umgebungstemperaturen eine Rolle, vorbeifahrende Fahrzeuge. Und das wird in dem Zusammenhang eben alles mit erforscht.
Klaus Reichert: Es geht sehr stark in die Tiefe auch an vielen Stellen, was scheinbar von außen erstmal nichts mit dem Fahrzeug als solchem zu tun hat, aber um ein Umfeld zu schaffen, das es dem Fahrzeug tatsächlich ermöglicht, sicher unterwegs zu sein.
Celina Herbers: Wir sprechen viel vom automatisierten und vernetzten Fahren in unserem Projekt. Tatsächlich beschäftigen wir uns technisch, in der technischen Entwicklung nicht mit der Fahrzeugentwicklung. Also wir sind infrastrukturseitig unterwegs, wir brauchen natürlich in bestimmten Belangen dann die Kommunikation mit den Fahrzeugen, also diese „Fahrzeug zu Infrastruktur“-Kommunikation, aber an der Fahrzeugentwicklung selber arbeiten wir nicht. Wenngleich wir natürlich den Markt da mit beobachten, weil gerade die rechtlichen Rahmenbedingungen, die für das Fahrzeug geschaffen werden, auch für die Infrastrukturentwicklung bindend und einhergehend sind.
Klaus Reichert: Ja klar, es gibt dann auch andere Projekte, die parallel laufen, die dann eben einen anderen Fokus jeweils haben. Da muss man sich schon auch spezialisieren, damit man tatsächlich valide Ergebnisse am Ende rausbekommt. Ich gebe jetzt aber trotzdem mal die Frage von einer Teilnehmerin, von der Barbara Schmucker wieder, und sie fragt: Wird auch an der Kommunikation des Fahrzeugs mit der Außenwelt, zum Beispiel Fußgängern, gearbeitet? Also das Thema dann natürlich, spricht das Fahrzeug zum Beispiel mit mir?
Celina Herbers: Das ist tatsächlich auch ein weiteres Teilvorhaben von einem Projektpartner, der VoLTRA Gruppe, die sich mit einer komplexen Kreuzungsüberwachung beschäftigen, wo es also um die Sicherheit von Knotenpunkten geht, bei der tatsächlich auch nichtmotorisierte Verkehrsteilnehmer erkannt werden sollen. Da sind wir allerdings natürlich eher in einem innerstädtischen Bereich unterwegs, eher an einer Kreuzung und nicht so sehr in Gebieten auf Bundesstraßen beispielsweise. Tatsächlich diese Erkennung von nichtmotorisierten Fahrzeugen ist natürlich eine Herausforderung auch, aber eine ganz wichtige.
Larissa Graf: Es muss auch ganz klar gesagt werden, die Entwicklung, Fahrzeugentwicklung, ist absolut nicht Ziel vom Projekt, sondern es geht auch wirklich bei der intelligenten Kreuzung um die intelligente Infrastruktur und dass Fußgänger erkannt werden und dass dem Auto oder dem Fahrzeug in dem Fall mitgeteilt wird: Hey! Da ist ein Fußgänger, pass auf! Oder am besten noch: Hey! Da ist ein Kind. Nochmal vorsichtiger! Aber nicht, dass das Auto mit den anderen Verkehrsteilnehmern kommuniziert.
Klaus Reichert: Wir müssen auch aufpassen. Das Thema Verkehr ist nicht nur Auto, das Thema Verkehr ist so vielfältig und hat so viele Blickwinkel und so viele Themenbereiche, dass ihr eine Mammutaufgabe wirklich vor euch auch habt. Deswegen natürlich auch die vielen Partner und die vielen Projekte auch. Die vielen Verkehrsteilnehmer, die nebeneinander sind heute schon, und auch gerade, wenn immer mehr autonom fahrende, irgendwie auch geartete Fahrzeuge dazukommen, das muss gar nicht ein Auto sein, da gibt’s auch viele andere Formfaktoren, die man sich dann vorstellen kann, dann geht’s einfach um ein Miteinander und möglichst wahrscheinlich auch viele Daten, die alle Beteiligten haben, um miteinander gut zurecht zu kommen, ohne zum Beispiel Unfälle zu haben und auch effizient unterwegs sein zu können.
Celina Herbers: Das ist eine sehr große Herausforderung, also gerade das Thema Datenmanagement. Weil auf der einen Seite natürlich eine Reihe von Daten, von Datenpunkten, Sensordaten generiert werden in dem Projekt. Auf der anderen Seite sind wir aber auch angewiesen darauf, verfügbare Daten zu verwenden. Da sind wir auch bei dem Thema Datenhoheit in Europa, in Deutschland, wie gehen wir mit unseren Daten um? Und ich rede explizit nicht von personenbezogenen, absolut schützenswürdigen Daten, aber es gibt teilweise Daten mit einer Georeferenzierung, die unglaublich schwer sind zu erhalten und die auf Qualität hin prüfen zu können und auch integrieren zu können. Das ist natürlich ein Thema, die Datenverwaltung als solche, die eben für das Projekt relevant ist. Die läuft bei uns auf einem eigenen Projektserver zusammen. Da steckt im Hintergrund eine digitale Plattform, die von unseren Projektpartner Netwake entwickelt wurde. Und die Daten selber werden da mit einer Logik versehen. Also es nützt nichts herauszufinden, es ist nass, es sind viele Verkehrsteilnehmer, die Verkehrsteilnehmer werden langsamer, sondern ich brauche einen Indikator, einen Schwellenwert, der mir sagt: Jetzt ist eine Staugefahr. Und am besten schon vorausschauend. Diese Daten werden im Rahmen des Projekts dann visualisiert bei uns im IWT, im RITZ, als im Regionalen Innovations- und Technologietransfer Zentrum bei einer Smart City Leitstelle. Also wir möchten auch das öffentlich verfügbar machen, diese Daten, die wir generieren. Und nicht nur die Daten, sondern auch die Visualisierung der Daten. Also diese Smart City Leitstelle, die wir entwickeln im Rahmen des Projekts, die ist zu üblichen Geschäftszeiten dann öffentlich zugänglich. Das ist keine verkehrskritische Infrastruktur-Leitstelle, wie beispielsweise eine Verkehrsleitstelle, wir greifen nicht in das Verkehrsgeschehen ein, natürlich, sondern wir monitoren die Daten und wir versuchen, in einer Simulationsumgebung mit den Daten dann Optimierungen herbeizuführen.
Klaus Reichert: Sozusagen in Echtzeit und beobachtbar Optimierung dann zu machen?
Celina Herbers: Das ist das wünschenswerte Ziel, das wir erreichen möchten. Und ich denke, da sind wir noch mal bei einem wichtigen Punkt, wie wir auch die Bürger mitnehmen können auch auf diesem Weg, das Verständnis dieser Datenvisualisierung und auch diese Verkehrsdaten, was das eigentlich bedeutet.
Larissa Graf: Ich glaube, die Leitstelle ist ein ganz, ganz wichtiges Tool, das wir nutzen können und auch werden für den gesellschaftlichen Dialog und um die Bürger*innen einfach mitzunehmen. Weil das Thema ist ein sehr abstraktes Thema. Also Verkehrslage und was da alles mit reinspielt und dann noch die Daten. Und durch die Digitalisierung werden es eh immer mehr und mehr Daten, die verarbeitet werden. Und da den Überblick zu behalten, oder nicht mal den Überblick zu behalten, sondern ein Verständnis dafür zu entwickeln, das hat auf jeden Fall eine sehr hohe Schwelle. Durch das Angebot der öffentlich zugänglichen Leitstelle können wir das einfach viel, viel niederschwelliger angehen, so dass man kein Ingenieursstudium braucht, um Daten zu verstehen und die Zusammenhänge zu erkennen, sondern dass man ganz einfach visualisiert sieht, das passiert gerade, das können wir machen und dafür werden auch die Daten verwendet. Weil Datenschutz ist natürlich das große Thema und niemand möchte überwacht werden. Und das ist tatsächlich auch ein großes Thema, das einfach Skepsis hervorruft mit dem Datensammeln und so. Und dann einfach auch noch mal aufzeigen zu können, dass es keine personenbezogenen Daten sind, sondern dass es wirklich nur um die Verkehrsdaten geht oder Wetterdaten, also anonymisierte Daten. Ich glaube, das ist auch ganz, ganz wichtig, um die Skepsis abzubauen in dem Zusammenhang.
Klaus Reichert: Ich finde, auch eine gute Idee, das so öffentlich dann zu machen. Wir müssen vielleicht noch dazusagen, wo das Ganze stattfindet. Das RITZ ist eine Art gemeinschaftliches Bürozentrum von verschiedenen Unternehmen, auch Start-ups von der Forschung, eingebettet in den Campus von der DHBW Baden-Württemberg, die Zeppelin Universität ist vertreten, Unternehmen sind vertreten in der Gegend. Und im Grunde auch in einem Gebiet, das sich selbst sehr stark seit Jahren schon entwickelt und noch einiges an Entwicklung vor sich hat.
Celina Herbers: Ja genau! Der Campus ist eine Konversionsfläche. Das waren früher Gebiete, die vom Militär auch ursprünglich mal gebaut wurden. Der Baubestand ist teilweise erhalten, sofern er unter Denkmalschutz stand. Und das Gebiet wurde sukzessive von der Stadt zurückgekauft, um hier wirklich am Fallenbrunnen, im Stadtteil, einen Wissens-Campus zu entwickeln. Also auch die Unternehmen, die sich hier künftig ansiedeln werden, sind im Wissensumfeld tätig im weitesten Sinne. Und so ermöglicht das uns auch natürlich, in so einem Areal auch ein bisschen mehr zu testen und zu erproben. Das ist natürlich eine besondere Situation, die wir hier vor der Haustür vorfinden tatsächlich.
Klaus Reichert: Für euch ist das eigentlich ideal, so diese wirklich vielfältige Zusammenarbeit zu haben, wo es natürlich auch mal passiert, dass man gerade nur beim Kaffeetrinken jemanden trifft, um dann tatsächlich Ideen durch zu spinnen, mal ein Stück weiter zu kommen. Das sind dann diese kleinen Momente. Das ist schon klar, dass natürlich nicht alle Partner da auf dem Gelände sind. Da gibt’s natürlich wieder andere Möglichkeiten zusammenzukommen. Aber so eine Kerntruppe ist eben schon beieinander.
Celina Herbers: Genau! Zumal wir mit unserem engen Partner, der DHBW auch hier uns die Fläche teilen.
Klaus Reichert: Wir haben das gerade angesprochen, dass es etwas Großes ist, an dem ihr auch arbeitet. Da geht’s natürlich darum, dass man es mit anderen zusammen macht. Es gibt Vorgaben, Begrenzungen, Schranken rechtlicher Sicht, die man dann aber auch aus dem Projekt heraus versucht neu zu definieren aus den Erkenntnissen, die man gewinnt. Im Grunde nutzt man Standards, aber es wird Input für neue Standards geschaffen. Habt ihr da vielleicht ein Beispiel, wo ihr sagt, Mensch, wenn wir das und das gelöst haben, dann ist wahrscheinlich ein neuer Standard entstanden oder zumindest ein Input für die Diskussion eines neuen Standards?
Celina Herbers: Ich möchte ganz gern wieder auf das Beispiel mit dem Leitpfosten zurückkommen.
Klaus Reichert: Mhm (bejahend). Schönes Beispiel. Ja.
Celina Herbers: Weil tatsächlich, bevor wir das Projekt gestartet hatten, ich habe mir keine Gedanken über Leitpfosten gemacht. Jetzt weiß ich, dass es unterschiedliche Arten gibt. Jetzt habe ich gelernt, dass es sich dabei um ein offizielles Verkehrszeichen handelt, das in seinem Aussehen nicht verändert werden darf. Und das Aussehen wurde in den 1950er Jahren definiert. Wir stellen uns natürlich in der Diskussion die Frage: Ist denn der Leitpfosten zukunftsfähig, wenn es um autonomes Fahren geht? Wenn wir jetzt sagen, die ganze Intelligenz, die gesamte Sicherheit wird beim Fahrzeug alleine liegen, dann würden wir uns wahrscheinlich nicht so sehr Gedanken um den Leitpfosten machen. Wir wissen aber um die technischen Beschränkungen, die fahrzeugseitig nach wie vor bestehen. Deswegen sind wir dazu aufgerufen und ich denke, das ist auch eine Aufgabe der öffentlichen Hand, sicherzustellen, dass wir Verkehrsinfrastrukturen haben, die nach wie vor langfristig auch die Sicherheit im Straßenverkehr gewährleisten. Aber ob der Leitpfosten dann noch so aussehen muss wie heute, das ist natürlich eine Frage. Wir haben noch ungefähr zwei Jahre von unserer Projektlaufzeit. Ich lehne mich mal weit aus dem Fenster hinaus und meine, bis zum Ende des Projekts wird der Leitpfosten aussehen wie ein Leitpfosten. Da werden wir noch keine Änderung sehen. Aber ich denke, in 20 Jahren werde ich daran zurück mich erinnern und mir die Frage stellen, ob der Leitpfosten aus den 1950er Jahren immer noch die hohe Relevanz hat.
Klaus Reichert: Auch Verkehrsschilder können sich verändern. Ich erinnere mich an ein Schild, da ist noch eine Kutsche, glaube ich, mit drauf gewesen lange Zeit. Sowas wie Durchfahrt verboten oder so. Da war quasi diese Kutsche drauf. Oder diese, nur für Fußgänger gedacht, das war dann immer, glaube ich, eine Frau mit einem Kind oder ein Mann mit Hut und sowas. Und das sind so Sachen, die sich dann schon im Kleinen wenigstens verändert haben. Aber ich verstehe, das ist ein dickeres Brett, an dem ihr da arbeitet. Habt ihr da auch zum Beispiel Kontakt dann, und sei es nur mal, um so ein bisschen explorativ an die Sache ranzugehen, zu Designern, vielleicht auch Design-Studenten, Studierenden, die da dann auch Vorschläge machen könnten?
Celina Herbers: Wie intern das in der Arbeitsgruppe vom Leitpfosten und solche Detailfragen verhandelt werden, also da weiß ich dazu tatsächlich auch nichts. Es ist eher das Gespräch mit den Straßenverkehrsdiensten beziehungsweise auch der (unv. #00:32:12.0#), das da gesucht wird, um auch zu klären, also welche Änderungen denn beispielsweise erlaubt wären, um den Fahrer, die Fahrerin nicht zu stören. Also, dass der Leitpfosten im Vorbeifahren so weniger wahrgenommen wird im Alltag, trotzdem auch noch wenig wahrgenommen wird, aber dennoch eben die ganzen technischen Funktionalitäten, die mit einhergehen, erbringen kann. Auch bis hin zu der Energieversorgung. Tatsächlich arbeiten wir im Projekt durchaus mit Studierenden zusammen in den verschiedenen Bereichen. Also gerade auch bei unserem IWT gibt’s immer die Möglichkeit, dass man Studienarbeiten, Bachelorarbeiten verfasst zu einem Bereich. Wir arbeiten mit Hilfskräften, einfach weil es mir ein Anliegen ist, auch tatsächlich den wissenschaftlichen technischen Nachwuchs mit an so einem Projekt teilhaben zu lassen, die Ideen auch mit aufzunehmen und hier auch diese Form der Teilhabe auch zu ermöglichen.
Klaus Reichert: Wir haben hier noch eine Frage von einer Teilnehmerin. Und da kommen wir dann wieder zurück, glaube ich, auch zur Gesellschaft, zur Kommunikation der Projektinhalte mit der Stadt, Gesellschaft, mit der Kommune. Ich bin mir bewusst, dass es vielleicht wiederum nicht ganz euer Thema ist. Was sind denn die größten Vorbehalte in der Gesellschaft gegen automatisiertes Fahren?
Larissa Graf: Ich war jetzt in den letzten Wochen auch auf einigen Messen unterwegs und öffentlichen Veranstaltungen, geht ja jetzt wieder. Es ist ganz unterschiedlich. Wir haben den Vorbehalt mit dem Datenschutz, der ist auf jeden Fall ganz groß. Also die Angst davor überwacht zu werden. Aber die können wir auf jeden Fall nehmen, weil wir nur mit anonymisierten Daten umgehen. Bei den Lkw-Fahrern kann ich es jetzt auf jeden Fall mal sagen, da ist natürlich irgendwie die Angst davor ersetzt zu werden. Da muss man natürlich ganz klar auch kommunizieren, die Arbeitswelt wandelt sich, also von den Lkw-Fahrern, aber ich glaube, die wandelt sich überall, also in der ganzen Logistikbranche wandelt sich das Berufsbild. Das muss man auf jeden Fall auch mitdenken. Aber das ist in dieser Berufsgruppe auf jeden Fall ein ganz großes Thema, Angst vor Berufsverlust. Also jetzt können wir sagen, der Beruf wird noch lange bestehen bleiben auf jeden Fall, er wird sich verändern, er wird digitaler werden, und vermutlich werden auch andere Qualifikationen gefragt, aber das kann man jetzt auch mit Trainingsinhalten oder mit Ansätzen jetzt schon machen, also mit einer Weiterqualifizierung zum Beispiel. Was viele auch angemerkt haben: Kommunikation wird für den Lkw-Fahrer viel, viel wichtiger. Also der Austausch mit den Kunden und mit dem Auftraggeber. Und dort dann sicher zu sein und das Fahren nimmt eigentlich immer weniger Platz ein, weil der Lkw hat schon so viele Systeme drin. Ich habe auch mich mit einigen unterhalten, und das Thema war immer: Wenn es uns was bringt, wenn es mehr Sicherheit bringt, dann her damit. Aber ich möchte nicht überwacht werden und ich möchte bitte nicht ersetzt werden. Also das ist schon auch ein Thema, wo man ganz sensibel einfach ansetzen muss. Ich glaube, die größten Herausforderungen sind einfach das ganz Persönliche. Also wenn es wirklich um Privatsphäre geht, um Beruf, das sind so die größten Herausforderungen, mit denen wir umgehen müssen in dem ganzen Thema Automatisiertes Fahren, vor allem auch in der Logistik. Da kann man vielleicht auch ganz schön aufzeigen, was auch das Projekt einfach für einen Mehrwert schaffen kann. Wir haben auch im Bereich Nachhaltigkeit uns Ziele gesetzt. Und einfach, in Friedrichshafen ist die besondere Situation, dass wir wirklich Großindustrie in der Innenstadt haben und gleichzeitig auch noch eine Tourismus- und Messestadt sind. Und zwischen den Werken von der Großindustrie ist einfach dauerhaft Verkehr. Da fährt ein Laster hin und her und bringt Teile, und das geschieht von fünf Uhr morgens bis drei Uhr morgens. Das ist wirklich dauerhaft. Und da eben anzusetzen und auch mal zu schauen, durch Fahrtenreduktion oder Routenoptimierung kriege ich den Lkw aus dem Wohngebiet raus oder kann ich auch die Straßen einfach sicherer machen, weil das wirklich so in der Innenstadt ist. Und ich glaube, das bietet auf jeden Fall einen Mehrwert und steigert auch die Aufenthaltsqualität in Friedrichshafen, wenn dann nicht der 18-Tonner neben mir, wenn ich grad eine Radtour mache, durch die Stadt brettert und mich überholt.
Klaus Reichert: Friedrichshafen hat wirklich eine besondere Situation, die so ein bisschen auch diesen ursprünglichen Zeppelin Werken geschuldet ist. Die Stadt war damals viel, viel kleiner. Heute haben wir noch einen Flugplatz mit dabei, doch einige auch Freiflächen, was ich immer noch spannend finde. Verkehrsführung ist eine große Herausforderung für den Durchgangsverkehr generell. Insofern finde ich, ist das auch ein wirklich guter Standort, um das zu testen, was ihr eben gerade angeht in eurem Projekt. Das ist sehr, sehr vielfältig. Die Themen, denen ihr ausgesetzt seid, sind da sehr vielfältig. Also müsstet ihr auch schneller zum Ergebnis kommen sozusagen. Was sind denn da so die großen Meilensteine, die ihr euch gesetzt habt im Projekt?
Celina Herbers: Ich denke, für uns als IWT ist es sicher ein sehr, sehr großes Ziel, die Leitstelle aufgebaut zu haben, nutzbar gemacht zu haben, und da auch dann die ersten Daten reinzubekommen und das Datenmonitoring. Das ist sicher für uns jetzt mal eine ganz große Herausforderung und unser Ziel. Dann natürlich die ersten Prototypen von den Leitpfosten. Also da muss man sich auch vorstellen, von der Entwicklung her, da kommt sehr viel Sensorik zusammen, die wird momentan am Tisch aufgebaut. Also das sieht nicht aus wie ein Leitpfosten. Dass die gesamte Sensorik zusammenpasst auf so einem kleinen Raum und dabei aber auch immer noch unabhängig und sicher funktioniert, da sind einige Entwicklungsschritte noch notwendig. Und diesen ersten Prototypen dann zu haben, der aussieht wie ein Leitpfosten, ist mit Sicherheit dann auch noch mal ein schönes Ziel. Wir gehen dann in der letzten Projektphase in den Realverkehr, also wir haben ja keine Fahrzeugentwicklung, wir gehen dahingehend in den Realverkehr, dass die Infrastruktur, die entwickelt wird, die Sensorik dann von den verschiedenen Messfahrzeugen dann auch getestet wird. Wir halten uns an die vorgegebenen Standards, die in dem Bereich eingesetzt werden. Wir wissen aber aus anderen Forschungsprojekten und von den Projektpartnern, die in dem Bereich tätig sind, auch wenn man sich an Standards hält, heißt das nicht automatisch, dass alles damit interoperabel und konform ist. Da ist also hier noch einiges an Entwicklungsarbeit. Wenn wir dann von den Messfahrzeugen die Informationen haben, die Sensorik passt, die kommuniziert das, was sie Wasser kommunizieren soll in der Zeit, in der es gewünscht ist, mit einer möglichst geringen Latenz, dann denke ich, haben wir auch ein ganz, ganz großes Ziel erreicht. Ich würde es gerne noch an Larissa geben, weil ich denke, gerade auch mit der Beteiligung ist schon auch noch mal das eine oder andere Ziel noch zu erreichen.
Larissa Graf: Ein großer Meilenstein ist natürlich die Leitstelle. Was auf jeden Fall eine wunderbare Möglichkeit bietet, das Projekt niederschwellig an die interessierte Bevölkerung einfach zu vermitteln. Ein großer Meilenstein für mich oder den gesellschaftlichen Dialog ist auch einfach Akzeptanzschaffung, also dass wir auch wirklich merken: Mit unserem Projekt haben wir was bewegt und wir haben die Akzeptanz erhöht in der Bevölkerung für automatisiertes und vernetztes Fahren, und die ganzen Themen, die damit zusammenhängen. Also dass es auch angenommen wird, dass Leute die Leitstelle besuchen, dass Leute unsere Veranstaltungen besuchen und sich da einfach informieren, was denn auch in Friedrichshafen so gemacht wird. Und dann am Schluss sagen zu können: Ja, wir haben unseren Beitrag geleistet zur Akzeptanz.
Klaus Reichert: Die Verbreitung von etwas Neuem in der Gesellschaft ist schon vor über 50, 60 Jahren in der Innovationsdiffusionskurve dargestellt worden. Da kann es dann natürlich sein, dass es schon auch ganz schön lange dauert, bis eine neue Technologie und neue Verfahren und so weiter tatsächlich in der Gesellschaft ankommen. Es kann auch sehr schnell gehen, beim iPhone oder beim Smartphone hat es vielleicht sieben Jahre gebraucht, bis quasi alle das hatten. Bei, was gibt’s so Beispiele, vielleicht verlinke ich noch eine der Kurven, die ich da so habe, als Vergleich mal noch auf der Episoden-Webseite, wo wir dann auch alle Links zum Thema eben nochmal zeigen werden und auch ein Transkript von unserem Gespräch heute dann zeigen werden. Dann zu sehen, dass manches halt eben auch ein bisschen länger dauert, bis es tatsächlich ankommt. Wir haben beim Verkehr, bei der Logistik haben wir sehr, sehr komplexe Systeme. Da ist es nicht so, dass von heute auf morgen gleich alles anders ist. Gleichzeitig hat man vielleicht irgendwie so eine Art Starterzustand, den man gerne mal hätte, auf den man dann aufbauen kann, doch relativ schnell erreicht. So jetzt euch als Spezialistinnen für dieses Thema, ihr habt euch schon sehr intensiv damit beschäftigt. Gibt’s da irgendwelche Vorstellungen, wo man sagen kann, Mensch, in 10 Jahren, in 50, in 100, in 2 Jahren haben wir folgenden Zustand erreicht, wo wir zum Beispiel eine 10-prozentige Einsparung an Verkehr haben oder, oder, oder? Gibt’s da irgendwelche Zahlen oder Überlegungen oder Szenarien, an der da die Community dann auch arbeitet?
Larissa Graf: Unser Projektziel ist es, eine 10-prozentige Fahrteneinsparung für Friedrichshafen im Werksverkehr zu haben. Aber wie das in anderen Städten sein wird, dazu gibt’s keine Aussagen. Ich denke, dass es auf jeden Fall ein großes Thema ist, auch mit der CO2-Bepreisung, die jetzt einfach kommt, dass kein Logistikunternehmer das gerne bezahlen möchte und deswegen auch das dann direkt an den Kunden weitergibt, der das natürlich auch nicht bezahlen möchte. Ich glaube, deswegen wird auf jeden Fall auch nachhaltigere Logistik nachgefragt vom Kunden und deswegen muss es da jetzt einen Weg dahin geben oder ganz einfach wegen Angebot und Nachfrage. Weil mit einer nachhaltigeren Logistik kann man sich natürlich einen Marktvorteil verschaffen der Logistikbranche, weil es halt auch nachgefragt wird. Also das Thema Nachhaltigkeit, das ist einfach das große Thema, glaube ich, also jetzt, vom jetzigen Jahrzehnt. Und dann wird es einfach nachgefragt. Es gibt auch diese Entwicklung schon. Es gibt schon Studien dazu oder Umfragen, dass nachhaltigere Logistik einfach mehr nachgefragt wird und dass deswegen auch die Logistikunternehmer eigentlich unter Zugzwang sind, diese Angebote zu machen. Ich glaube, da können wir auch auf jeden Fall mit ALFRIED unseren Beitrag leisten, einfach eine Lösung aufzuzeigen für nachhaltigere Logistik oder auf jeden Fall Fahrteneinsparung und CO2-Einsparung damit.
Klaus Reichert: Außerdem einhergehend Reduktion von Geräuschen, von anderen Emissionen und, und, und. Ja, verstanden!
Larissa Graf: Genau!
Celina Herbers: Vielleicht, wenn es nochmal um das Thema einer Vision geht, einer längerfristigen. Also persönlicher Komfort und Sicherheit steht ja bei vielen Menschen ganz weit vorne und genauso bequem, genauso sicher die Wege zurücklegen zu können wie im privaten Pkw, das aber umweltfreundlicher, nachhaltiger kombiniert, das wäre wahrscheinlich das mittelfristige Ziel, das wir erreichen müssen. Wir stehen vor einer Klimaherausforderung, wir stehen vor einer Energiewende, wir stehen vor einer Mobilitätswende, und das verzahnt sich jetzt alles. Wir versuchen mit unserem Projekt natürlich, zu diesen einzelnen Aspekten einen Beitrag zu leisten. Wir sind in einer noch schwierigeren Situation als die Politikerinnen und Politiker, die in den Legislaturperioden denken. Wir denken momentan in 30 Monaten, so lange ist unsere Projektlaufzeit, bis dahin wollen wir einen Beitrag dazu geleistet haben, diese Mobilitätwende, diese Verkehrswende auch mitzugestalten.
Klaus Reichert: Ich bin mal sehr gespannt, wann wir da richtig gute, vielleicht auch etwas belastbare Visionen und Szenarien dann haben. Und vor allem auch, wenn das relativ normal ist, dass zum Beispiel ein Logistikfahrzeug autonom fährt, dabei den besten Weg findet, sicher unterwegs ist, vielleicht dann noch irgendwelche Zusatznutzen in irgendeiner Form stiftet, die Daten dann auch sinnvoll verarbeitet werden können, die vielleicht auch für andere Dinge noch genutzt werden können. Das ist dann doch sehr, sehr spannend, wo Entwicklungen hingehen können, manchmal auch in Richtungen, die man gar nicht erahnt hätte.
Ihr wisst ja, für den Smart Innovation Podcast ist immer wichtig, dass wir vom Zuhören ins Machen kommen. In eurem Fall ist das nicht ganz so einfach, dass die Zuhörenden sozusagen etwas machen können. Ihr habt ein sehr komplexes Thema, das man nicht einfach so nachmachen kann. Aber man kann was anschauen bald, man kann was „erleben“, in Anführungszeichen. Wann ist es denn so weit?
Celina Herbers: Wir arbeiten aktuell mit Hochdruck daran, die Konzeptionierung der Smart City Leitstelle zu finalisieren. Wir sind da auch in Gesprächen mit verschiedenen Partnern jetzt für die (unv. #00:47:24.0#), für die Beauftragung. Und Anfang des neuen Jahres möchten wir gerne die Smart City Leitstelle dann eröffnen und im Frühjahr dann das auch öffentlich zugänglich machen, auch mit einer öffentlichen Auftaktveranstaltung.
Klaus Reichert: Dann gibt’s was sozusagen anzufassen und Häppchen dazu.
Larissa Graf: Genau!
Celina Herbers: Fühle dich schon mal eingeladen. Vielleicht noch ein anderer Punkt, Larissa hat es grad vorhin erwähnt, die Stadt Friedrichshafen hat einige Spezifika. Das eine ist, wir haben eine 180-GradErschließung durch den schönen Bodensee, schöner Bodensee, schlecht für die Verkehrssituation. Und wir haben eben die Situation, dass in der Stadt die verschiedenen Industrieunternehmen ihre Sitze haben, ihre Werke haben, das auch noch verteilt. Momentan gibt’s keine Alternativen dazu, als diese Waren mit dem Lkw zu transportieren. Das sind einige Spezifika, die Friedrichshafen kennzeichnen. Wir haben die Messestadt, wir haben die Tourismusstadt. Nur, der Bund fördert nicht ein Projekt, das spezifisch nur für Friedrichshafen ist. Deswegen ist es uns eben ganz wichtig, dass wir zwar aus diesem Anwendungsfall kommen und hier vor Ort etwas schaffen, das auch spezifisch für Friedrichshafen ist, aber wiederum in den einzelnen Aspekten muss es transferierbar sein, muss es ausrollbar sein für andere Anwendungsbereiche. Und die sehen wir in den Bereichen der Logistik, die sehen wir dann auch in den Bereichen, eben nicht nur dem Warenverkehr, sondern vielleicht auch die Paketdienstleister, die man da mitdenken kann, den Bereich City Logistik. Also da gibt’s rundum viele verschiedene Facetten. Auch der Leitpfosten, der ist grundsätzlich nicht ein innerstädtisches Verkehrszeichen, sondern doch eher was, was man auf Bundes- und Landstraßen findet. Also von daher arbeiten wir an Konzepten, die zwar in Friedrichshafen ihren Anwendungsfall haben, die aber durchaus, und so hoffen wir es, übertragbar sind und dann langfristig auch anderweitig genutzt werden können.
Klaus Reichert: Das verstehe ich sehr gut. Jede Stadt hat im Grunde ihre eigenen Herausforderungen und dann muss man universelle Lösungen finden und dann sozusagen die Herausforderungen irgendwie besonders abbilden. Das finde ich ein nachvollziehbares Vorgehen. Was mir gerade noch als Frage eingefallen ist: Habt ihr eine Ahnung, wie viel von diesen Pfosten es gibt auf deutschen Straßen?
Celina Herbers: Die tatsächliche Zahl weiß ich nicht, aber die sind alle 50 Meter, insofern sehr, sehr, sehr viele. Aber die tatsächlich interessante Zahl, die ich dazu gelesen habe, war die, dass jährlich ein Drittel aller dieser vielen ausgewechselt werden muss. Das finde ich schon beachtlich.
Klaus Reichert: Vielleicht kriegt man die Zahl der Straßenkilometer außerhalb der Städte und könnte dann mit den 50 Metern arbeiten und dann auf eine ungefähre Zahl kommen, die das dann … ich glaube, sie hat viele Nullen.
Celina Herbers: Ja. Und wenn das ein Zuhörer, eine Zuhörerin berechnet, dann bitte gerne an uns melden.
Klaus Reichert: Ja, genau! Wir werden den Aufruf dann auch noch mal auf der Website einfach publizieren.
Celina Herbers: Gerne!
Klaus Reichert: Sehr schön! Larissa und Celina, vielen Dank, dass ihr euch heute die Zeit genommen habt, beim Podcast mit dabei zu sein. Ihr habt ein sehr, sehr spezielles Innovationsthema. Ich finde das wirklich spannend zu hören. Ich bin auch schon gespannt darauf, dann zu sehen, wie es weitergeht. Und ich wünsche euch in jedem Fall erstmal viel Erfolg bei diesen Schritten, viel Erfolg auch bis zur Realisierung der Zentrale. Und alles Gute, bis bald wieder!
Celina Herbers: Vielen Dank!
Larissa Graf: Vielen Dank für die Einladung und bis bald!